Die Geschichte der Belgier

von Jean-Marie Vanbutsele

Erste Periode – vom Ursprung bis 1905

Die ersten Jahren unter dem Professor Reul  

Bevor wir uns in den folgenden Kapiteln mit der Genetik der Farbkleider und den Paarungen zwischen den Varietäten befassen werden, schlage ich Ihnen vor, die Entwicklung der Varietäten des Belgischen Schäfers im Zusammenhang mit den Klubs, welche der Société royale Saint-Hubert oder der Union Royale Cynologique gehörten, durchzusehen. Und wie Sie feststellen werden, hat sich die Anzahl von den Varietäten im Laufe der Jahre verändert.  

Während der Hauptversammlung vom 3. April 1892 anerkennt der «Club du chien de berger belge»  (Klub des belgischen Schäferhundes), welcher am 29. September 1891 gegründet wurde, den vom Professor Ad. Reul ausgearbeiteten Standard. Der erste Standard wird in der Zeitschrift «Chasse et Pêche» vom 24. März 1892 veröffentlicht und bestimmt die Varietäten folgendermaßen:  

Da das Haar bei den Hütehunden des belgischen Typs in der Länge, Optik und Textur sehr verschiedenartig gestaltet ist, darf es angebracht sein, diesen Punkt als Unterscheidungskriterium für die drei Varietäten der Rasse zu berücksichtigen. So werden die Hunde wie folgt unterteilt:  Langhaar, Rauhaar, Kurzhaar.

Seit dem Ursprung bis heute finden wir die drei Typen vom Haar in den sukzessiven Standards. Anfangs 1898  veröffentlichte die Wochenzeitschrift «Chasse et Pêche» die folgende Mitteilung:

Gemäss Beschluss des Klubs des belgischen Schäferhundes wird ab den nächsten Ausstellungen eine neue Klasse eingeführt, welche AUSSCHLIESSLICH für die belgischen Hütehunde mit SCHWARZEM LANGHAAR reserviert ist. Da diese Varietät bei In- und Linienzucht ihre Merkmale sehr zuverlässig wiedergibt, wird sie künftig vom Klub als der Typ vom langhaarigen belgischen Schäfer geschützt.

Ab dem 12. März 1898 werden die Langhaarhunde in zwei Klassen eingeordnet: das schwarze Langhaar und die anderen, unter denen Falben vorherrschen. 1898 begeht der «Klub des belgischen Schäferhundes» den Weg zur Homogenität, indem er eine spezifische Farbe für jeden der drei Haartypen bestimmt, und zwar:  

  • Einfarbig schwarze: Langhaar
  • Falbe mit schwarzer Stichelung (fauve charbonné): möglichst mit schwarzer Maske (cap de maure = mohrenkopf)
  • Aschgrau: Rauhaar  

Als Referenz für die Farbenauswahl, dienten Ausstellungssieger (Tomy und Nelly für das Kurzhaar, Besitzer H. Segers; Mira und ihr Sohn Bazoef für das Rauhaar, Besitzer A. Claessens). War eine solche Massnahme negativ oder positiv? Dass eine einzige Farbe für das Rauhaar ausgewählt wurde, durfte am wenigsten geglückt sein. Die Aschfarbigen waren nämlich Ausnahmen. Obwohl der Klub sie ausgeschlossen hatte, bildeten die Falben die Mehrheit in dieser Varietät. Gegner dieser restriktiven Einteilung vereinigten sich und gründeten am 18. Juli 1898 den «Berger belge Club». Bis Januar 1931 war Joseph Demulder Präsident dieses Vereins. Erst am 24. September 1899 wurde der Standard, der eine spezifische Farbe jedem Haartyp zuwies, in der Zeitschrift «Chasse et Pêche» veröffentlicht. Nun erwähnen wir auch zwei in Fettschrift gedruckten Textteile:  

Hunde ohne Stehohren werden nicht berücksichtigt.

Bei Rutenlosigkeit oder Stummelschwanz, ob angeboren oder kupiert, sowie bei aufgerollter oder schraubenförmiger Rute darf der Hund auf Ausstellungen keinen Preis erhalten.  

«Alle guten andersfarbigen Zuchttiere wurden durch diese Entscheidung vertrieben und solche stellten sechzig Prozent der Schäferhunde Belgiens dar, davon die Gestromten, welche damals am zahlreichsten vertreten waren.», meinte Charles Huge.

Bei der Ausstellung zum 10. Geburtstag des Club du chien de berger belge, die am 21. April 1901 in Brüssel stattfand, erwähnt der Richter in seinem Bericht über die Kurzhaarigen nicht weniger als neun Hunde, die er als gestromt bezeichnet. Manche davon gehörten dem Rauhaartyp.

Die ersten belgische Schäferhunde wurden im Livre des origines Saint-Hubert (L.O.S.H.), also im belgischen Hundestammbuch, 1901 registriert. Vorher wurden 1892 und 1893 einige Hunde unter «Hütehunde kontinentaler Rassen» im L.O.S.H. eingetragen.

Zweite Periode – Von 1906 bis 1918

Nach den Uneinigkeiten, auf dem Erfolgweg  

Im September 1905 verzichtete der Klub des belgischen Schäferhundes auf die Schirmherrschaft der Société Royale Saint-Hubert. Seit 1907 war er durch den Berger belge Club ersetzt worden. Daraus ergab sich die Anerkennung des falben Langhaares und des falben Rauhaares. Während seiner 5. Ausstellung am 5. Mai 1907, die zum 1. Mal unter Patronat der Société royale Saint-Hubert stattfand, waren fünf Varietäten von Hütehunden vertreten. Bei jeder davon gab es Falbe in allen drei Haartypen.

Bei der 9. Ausstellung des Berger belge Clubs vom 12. und 13. März 1911 wurden sechs schwarze Kurzhaarige vorgeführt. Diese bildeten die sechste Varietät, die jedoch – trotz Anwesenheit an Ausstellungen – nie eine echte Anerkennung, wie die Eintragung ins Hundestammbuch, erleben durfte. Auf der Ausstellung vom 20. und 21. Juni 1914 in Jemeppe-sur-Meuse erschienen wieder gestromte Langhaarige.

In einem Brief vom 15. November 1897 an Louis Vander Snickt (Schriftleiter der Revue Chasse et Pêche), schreibt Louis Huyghebaert :  

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass es unter 20 kurzhaarigen Schäferhunden ungefähr einen schwarzen gibt. Anlässlich der Vermessungen im Rahmen der Grundbuchrevision musste ich sämtliche Bauernhöfe von ziemlich vielen Gemeinden der Provinz besuchen und jedes Mal konnte ich das Gleiche feststellen.

Unten stehend zeigen wir Ihnen eine Tabelle über die Anzahl der Eintragungen ins L.O.S.H. und zwar von der 1. Eintragung 1901 bis zu denjenigen von 1914. Zu dieser Zeit waren die Anmeldungen individuell und freiwillig (man konnte also einzelne Hunde bzw. Welpen registrieren lassen, andere nicht. Notiz der Übersetzerin).

  • Auswirkungen des Beitrittes  1907 des Berger belge Club zur S.R.S.H.
  • Registrierung  1908 des ersten «Schäferhundes mit falbem Rauhaar»
  • Registrierung  1910 des ersten «Schäferhundes mit falbem Langhaar»
  • Ab 1910 (graue Zone) erscheinen die Bezeichnungen «Malinois» und «Groenendael» infolge ihrer offiziellen Anerkennung bei der Delegiertenversammlung vom 16. Juni 1909.  

Das Annahmeverfahren des Standards von 1914 wurde 1914-1918 durch den 1. Weltkrieg unterbrochen.

Wichtig und typisch für diese Periode ist, wie rasch und erfolgreich die Leistungsprüfungen (Nasenarbeit, Gelände und Ring) sich entwickelten.  

Dritte Periode - Vom 1919 bis 1944

Die Wiederaufrichtung nach dem Ersten Weltkrieg und die Zulassung aller Varietäten  

Die Schäden, welche Zuchtstätte während des Krieges 1914-18 erlitten, sowie das Requirieren von mehreren tausenden von Hunden für den Kriegdienst zerstörten weitgehend unsere Hundebevölkerung. 1919 erhielt die Société royale Saint-Hubert ein Gesuch, unterbreitet vom Berger Belge Clubt, um die offizielle Anerkennung aller Fellfarben des belgischen Hütehundes. Um darüber zu entscheiden, organisierte sie am 8. Februar 1920 eine beratende Generalversammlung. Die Mitglieder, darunter Louis Huyghebaert und Charles Huge, nahmen einstimmig  folgende Änderungen an:  

Dazu organisierte die Königliche Gesellschaft Heiliger Hubert eine Hauptversammlung am 8. Februar 1920. Die Mitglieder, unter denen sich Louis Huyghebaert und Charles Huge fanden, nahmen einstimmig die folgenden Änderungen an:

  • Die vollständige Erhaltung der fünf bestehenden Varietäten, ohne auf irgendeiner Weise, ob direkt oder indirekt, zu versuchen, die eine oder die andere zum Verschwinden zu bringen. Sie behalten ihre verschiedenen und nur für sie bestimmten Klassen, sowie ihre eigenen Championzertifikate. Die Bezeichnungen «Groenendael» und «Malinois» gelten weiter für die beiden Varietäten, die unter diesem Namen bekannt sind.
  • Die Bezeichnung «belgischer Schäfer» wird nur an Hunde, die dem Standard dieser Rasse streng entsprechen, vergeben, selbst wenn sie eine andere Farbe aufweisen, als diejenigen die für die fünf alten Varietäten zugelassen waren. Jedoch soll die Farbe in einer Tonpalette  zwischen schwarz und falb liegen oder einer Mischung von diesen beiden Farben entsprechen. Ein wenig Weiss wird toleriert. Für solche Hunde jeder Haarbeschaffenheit (lang, kurz, rauh) werden spezielle Klassen mit Championzertifikaten angeboten. Ebenfalls werden sie ins Hundestammbuch (L.O.S.H.) zugelassen. Was den Typ anbelangt, wird vom Richter die grösste Strenge erwartet.
  • Die Hunde aller zugelassenen Farben und mit der gleichen Haarbeschaffenheit dürfen untereinander gepaart werden. Die Mischung Kurzhaar x Rauhaar wird zugelassen. Die anderen Mischungen (Kurzhaar x Langhaar; Langhaar x Rauhaar) sind nicht gestattet.

Gemäss Ausstellungs- und L.O.S.H.-Reglemente wurden die Varietäten in acht verschiedenen Klassen (d.h. acht CAC pro Geschlecht) folgendermaßen aufgeteilt:    

Die fünf bestehenden Varietäten:

  1. Schäferhunde Malinois
  2. Schäferhunde Groenendael
  3. Belgische Schäferhunde mit falbem Langhaar
  4. Belgische Schäferhunde mit falbem Rauhaar
  5. Schäferhunde mit aschgrauem Rauhaar

    Ebenso die anderen Varietäten:

  6. Belgische Schäferhunde  Kurzhaar, anders als Malinois
  7. Belgische Schäferhunde Langhaar, anders als schwarz oder falb
  8. Belgische Schäferhunde Rauhhaar, anders als falb oder aschgrau

Charakteristisch für den Anfang dieser Periode ist der Siegerzug vom Malinois, der die besten Plätze in allen Arbeitsdisziplinen erreichte. Der Prototyp unter ihnen heisst Snap (L.O.S.H. 10050). Das war ein vollständiger Athlet. Er erreichte Spitzenergebnisse nicht nur bei Ringprüfungen, sondern glänzte auch im Gelände mit Wasser- und Fährtenarbeit. In jeder Hinsicht war er ein  Hochleistungs-Malinois. So gehorsam und führig wie er war, so unbitterlich verteidigte er seinen Meister, wenn dieser angegriffen wurde. 1925 wurde er Arbeitschampion (S.R.S.H-) nachdem er einen C.A.C. beim Fährten und zwei C.A.C. bei Geländeprüfungen gewann. Diesen Hund findet man in mehreren Linien aus welchen Leistungssieger von gestern und heute hervorkamen oder –kommen. Nebenbei sei vermerkt, dass Arbeitsprüfungen unentbehrlich sind, um die Vorzüge und die Robustheit unserer Rasse aufrecht zu erhalten und um sie von der Entartung zu schützen. 

Mit Inkrafttretung am 1. Januar 1934 wurde die Anzahl von C.A.C. von 8 auf 4 gemäss folgender Aufteilung reduziert:

  1. Kurzhaar, ohne Farbunterscheidung
  2. Rauhaar, ohne Farbunterscheidung
  3. Langhaar schwarz Groenendael
  4. Langhaar ohne Farbunterscheidung (schwarz ausgenommen)  

Bei den Ausstellungsreglementen wird die Aufteilung der Varietäten in 8 verschiedenen Klassen je nach Typ und Haarfarbe aufrechterhalten. («Chasse et Pêche» vom 14. Januar 1934).

Um sich ein Bild von der Verbreitung jeder Varietät vor dem Zweiten Weltkrieg zu machen, finden Sie hier noch einige Zahlen auf Grund der Einzeleintragungen und der Wurfmeldungen, die im Stammbuch der Société Royale Saint-Hubert publiziert worden sind:

Bei den andersfarbigen Kurzhaarigen ist die schwarze Farbe am meisten vertreten. Weit hinten folgen die Gestromten. Der falbe Tervueren bildet die Mehrheit der andersfarbigen Langhaarigen. Falb ist ebenfalls am Zahlreichsten beim Rauhaar.  

1938 verfasst F.-E. Verbanck einen Standardentwurf (Chasse et Pêche du 28 mai 1938). "…den gegenwärtigen Bedürfnissen mehr angebracht, vermerkte er, und könnte die Grundlage für spätere Diskussionen werden." Die Ereignisse von 1939-1945 verhinderten diese Aktualisierung.    

Vierte Periode - Vom 1945 bis 1973

Die Wiederaufrichtung nach dem zweiten Weltkrieg und das Emporkommen des Tervuerens  

Anlässlich der Sitzung vom Oktober 1945 der Sektion Zucht der Delegiertenversammlung der Union Cynologique Saint Hubert für die Rehabilitation der Zucht des Belgischen Schäferhundes und vor allem des falben Langhaares, «Tervueren» genannt , wurden folgende Massnahmen  getroffen:  

  • Aufhebung des Verbotes vom 20 Februar 1920 gegen die Paarung zwischen Langhaar x Kurzhaar. Die Paarung Kurzhaar x Rauhaar bleibt zugelassen.
  • Hunde mit unkorrektem halblangen Haar werden auf Aufstellungen zugelassen, jedoch bestraft. Den Richtern wird empfohlen, solche Hunde streng zu richten und zu achten, dass sie niemals ausgezeichnet werden.
  • Im L.O.S.H. wird eine besondere Rubrik namens «Belgische Schäferhunde» eröffnet, wo die Mischungsprodukte Langhaar x Kurzhaar und Langhaar x Rauhaar eingetragen werden.  

Ganz bestimmt wurden Paarungen Kurzhaar x Langhaar schon vor dem 21. Oktober 1945 gemacht, aber die Nachkommen konnten nicht gleich im L.O.S.H. registriert werden. Die Eintragung wurde jedoch möglich, sobald ein solcher Hund einen ersten, zweiten oder dritten Preis auf einer Ausstellung erreichte.

Im welchen Zustand befand sich die Zucht des Belgischen Schäferhundes nach dem 2. Weltkrieg ? Der Artikel «die Zucht des Belgischen Schäferhundes», der am 1. Dezember in der Revue L’Aboi veröffentlicht und von G. O’Breen unterschrieben wurde, enthält sehr interessante Aspekte. Hier sind einige wesentliche Betrachtungen:  

«Der Tervueren, dieser wunderschöne falbe Hund, der sich von keiner fremden Hütehunderasse schämen muss, sowohl für seine ästhetische Erscheinung als auch für seinen Charakter, ist fast verschwunden. Die falben und aschgrauen Rauhaarigen erlitten das gleiche Schicksal. Mit Ausnahme von Hainaut in Binche wird das schwarze Langhaar in ganzen Belgien nicht mehr in der Anzahl gezüchtet, die ein so schöner Hund und dazu noch eine nationale Rasse es verdienen würde.   Im Süden der Westflandern sieht man zum Beispiel nur deutsche Schäferhunde. Es bleibt das Kurzhaar, der Malinois, der sich gut verteidigt und vor allem bei den Anhängern des Ringsportes sehr hoch im Kurs steht. Dieser Hund mag vom Aussehen her weniger eindrucksvoller, weniger attraktiv als seine langhaarigen Artgenossen erscheinen, aber er hat sein Wesen für sich. Auch wenn Fremde sich von ihm nicht im gleichen Masse wie von den anderen hingezogen fühlen, findet er im Lande selbst immer Liebhaber, die einen guten, charaktervollen Leistungshund zu schätzen wissen. 

Auf Grund einiger Erfahrungen mit Mischpaarungen und unbestritten guter Ergebnisse beim Groenendael haben sich  die Züchter von Binche gefragt, ob es nicht angebracht wäre, gerade für den Tervueren, das Verbot von 1920 rückgängig zu machen. Ein tief eingreifendes Verbot, das vor 25 Jahre befasst wurde und die Paarungen Langhaar x Kurzhaar nicht zuliess. Dank der zweifellos positiven Resultate, welche mehrmals mit Mischpaarungen Groenendael x Malinois erzeugt wurden, kam man grundsätzlich zum Entschluss, dieses Verbot aufzuheben.

Was die Paarung von schwarzen mit falben Langhaarigen – dies wird gemacht , um eine höhere Anzahl von Tervueren zu erzielen – anbelangt, stellt man bei gewissen Produkten einen schlechten Ausdruck, und recht oft zu helle Augen fest, was nicht zu Gunsten dieser Mischung spricht. Wohl weisen nicht alle Malinois die dunklen, erwünschten Augen. Das ist aber vor allem eine Frage der Linien und man soll dies beachten.    

Einige behaupteten sogar, dass die Mischung mit dem Kurzhaar sehr positiv für die Langhaarigen wäre, weil damit manche anatomische Mängel korrigiert werden könnten und vor allem mehr Hütehundtyp hineingebracht würde. Den 55 Groenendael, die  auf der Ausstellung von Binche vorgestellt wurden, fehlte es an Homogenität. Diese Varietät scheint sich vom Originaltyp zu entfernen, sogar das Wesen scheint verloren zu gehen. Mischpaarungen mit dem Kurzhaar könnten abhelfen.  

Die zu vermeidende Klippe bleibt erstens die Produktion von halblanghaarigen Hunden, zweitens die Vermarktung von solchen Hunden, die nicht in züchterisch unfähige Hände landen sollten.  Was Punkt 1. anbelangt, können die Ausstellungsrichter entgegen wirken, indem sie diese Halblanghaarhunde bestrafen. Zum Punkt 2., muss beachtet werden,  dass Halblanghaarige nicht de facto der Zucht schaden. Wenn sie aus Familien stammen, die punkto Haarveranlagung korrekt sind, können solche Hunde sowohl in der Zucht vom Kurzhaar wie vom Langhaar sich nützlich erwiesen, denn an und für sich sind sie nicht ohne gewisse Qualitäten. Jedoch muss man sie mit Vor- und Einsicht einsetzen, und dies kann  bei weitem nicht jeder Züchter.» 

Der Standard in 1956  

Veröffentlicht in der Revue «Chasse et Pêche» vom 1. Dezember 1956 behält der Standard die Farben (falb, schwarz, gestromt sowie die ganze Palette vom falb und grau bis zu schwarz),  die historisch zur Rasse gehören, wie es die beratende Generalversammlung von 1920 bestätigt hat.  Ein bisschen weiss auf der Brust oder den Zehen wird toleriert. Von allen Varietäten haben nur folgende eine spezifische Bezeichnung:

  • Groenendael: für das schwarze Langhaar
  • Tervueren: für das falbe Langhaar
  • Malinois: für das falbe Kurzhaar
  • Laekenois: für das falbe Rauhaar

«Auch wenn die Belgische Schäfer, die keine Malinois, Groenendael, Tervueren und Laekenois sind, nicht mehr methodisch gezüchtet werden, kennen wir unter diesen Zufallprodukten,  schrieb F.E. Verbanck, wunderbare ganz typische Belgische Schäfer. Deswegen wurde entschieden, diese Tiere nicht aus unserer Population auszuschliessen. Wer weiss, vielleicht werden wir mal glücklich sein, auf solche zwecks  Blutauffrischung zurückgreifen zu dürfen.»  

Die Jahre 1951-1960 zeichneten sich durch eine weltweite Regression der Hundezucht und Veranstaltungen aus. Aus wirtschaftlichen und internationalen Gründen blieb Belgien von dieser Situation nicht geschont. Bei den Schäferhunden erlitt auch der Malinois, trotz einer bedeuteten Gruppe von Sportliebhabern, eine Rückläufigkeit. Die Zahlen auf der unterstehenden Tabelle bestätigen diese Tendenz.

Für die ganze Periode vom 1945 bis 1975 bleibt der Malinois die wichtigste Varietät und lässt die anderen weit hinter sich. Das falbe Rauhaar oder Laekenois weckt kaum Begeisterung und bringt es durchschnittlich auf nur einen Wurf pro Jahr auf. Wie aus den untenstehenden Tabelle und Grafik ersichtlich ist, gelingt es dem Groenendael, nach einigen dürren Jahren,  seinen Niveau von 50 Würfen pro Jahr wieder zu erreichen, somit bleibt er die zweitwichtigste Varietät nach dem Malinois. Zwischen 1971 und 1975 verzeichnet der Tervueren mit einem Durchschnitt von mehr als dreissig Würfe pro Jahr den grössten Aufstieg (zum Vergleich in der Periode von 1946 bis 1970 durchschnittlich nur zehn Würfe pro Jahr).

In grafischer Darstellung :

Fünfte Periode – Vom 1974 bis heute

Abnahme der Anzahl der Varietäten und Streit um das «sandfarbige Langhaar»

Am 4. Februar 1973 entschied der Conseil Cynologique de l’Union Royale Cynologique Saint-Hubert einige wichtigen Änderungen betreffend der Varietäten und ihren Paarungen. Hier die Übersetzung der durch den Generalsekretär der Société royale Saint-Hubert unterschriebenen Notiz:

Ab dem 1. Januar 1974 werden folgende Änderungen in Kraft treten.

  1. Die Paarungen zwischen den Varietäten der Belgischen Schäferhunde sind nicht mehr bewilligt.
  2. Sollte ausnahmsweise eine solche Paarung durch den Belgischen Zuchtausschuss bewilligt werden, welcher einzig kompetent in dieser Sache ist, werden die Nachkommen in einem Wartebuch registriert, bis die dritte Generation die für diese Varietät bestehenden Anforderungen punkto Haarfarbe wie –textur erfüllt.
  3. Es wurde entschieden auf die alten Bezeichnungen zurückzukehren:
    • Belgische Schäfer GROENENDAEL, einfarbig schwarzes Langhaar
    • Belgische Schäfer TERVUEREN, falbes Langhaar mit schwarz-gestichelter Maske
    • Belgische Schäfer MALINOIS, falbes Kurzhaar mit schwarzer Stichelung und schwarzer Maske
    • Belgische Schäfer LAEKENOIS, falbes Rauhaar mit schwarzer Stichelung

Alle anderen Varietäten mit abweichender Haartextur und –farbe werden nicht mehr anerkannt. Jedoch werden BELGISCHE SCHÄFER MIT SILBERGRAUEM LANGHAAR immer noch auf Ausstellungen provisorisch zugelassen. Diese Hunde werden in separaten Klassen beurteilt, wobei pro Geschlecht für die falben und die silbergrauen Langhaarigen ZUSAMMEN nur ein C.A.C. und ein C.A.C.I.B. vergeben werden.

Im Klartext heisst es, dass die Tür für das schwarze Kurzhaar und das falbe schwärz-gestichelte Kurzhaar, sowie für alle nicht falbe Rauhaarige und ebenfalls für die Gestromten definitiv geschlossen ist. Nur das sogenannte «graue» Langhaar wird provisorisch toleriert. Was muss man aber unter «provisorisch» verstehen? Das graue Langhaar kommt in Groenendael-Würfe vor. Die Träger von diesem alten, wiedererschienen Haarkleid sind gelegentlich von hervorragender Qualität und werden mit Schönheits- und Leistungs-C.A.C.’s ausgezeichnet. Solche ausgesuchten Hunde können sich in der Zucht behaupten und haben Linien mitgegründet, die erstklassige Nachkommen aufweisen. Das ist der Fall unter anderem von der «grauen» Langhaarhündin Filoza deren Groenendael-Nachzucht mit berühmten Zuchttieren wie Tan de l’infernal gepaart, die «graue» Farbe weiter vererbt.

Es ist auch wunderlich festzustellen, wie eine rezessive Farbe, ob falb oder grau, bei Groenendael (von typischem Phenotyp, aber eigentlich mischerbig) über mehrerer Generationen latent versteckt bleiben kann, um dann wieder zu erscheinen.     

Im Jahre 1974 beginnt also für die Zucht  eine neue Periode mit neuen Vorgaben: die verminderte Anzahl der Varietäten und die strenge Einschränkung von Paarungen zwischen diesen. Somit werden alle ausgewogenen Entscheidungen, welche durch die Generalversammlung vom 8. Februar 1920 getroffen wurden, zunichte gemacht.

Wie steht es mit der Gültigkeit von solchen Massnahmen, die bloss durch ein einfaches Rundschreiben publiziert worden sind? Eindeutig tangieren solche wichtige Massnahmen wie die  Abschaffung von mehreren Varietäten und die Einschränkung von Mischungen „inter-variétés“, an die eigentliche Substanz des Rassestandards. Genauso wie eine Notarurkunde, die nur durch eine andere Notarurkunde verändert werden kann, muss jede Änderung des Standards,  welcher ja den Grundstein einer Rasse bedeutet, gemäss die im Standard vorgesehenen Regeln oder Verfahren angenommen werden. Nur die Veröffentlichung eines modifizierten Standards hat Rechtskraft.. Mit Verspätung wurden die neuen Bestimmungen in der Fassung 1978 des Standards und zum Teil im Standard von 1989 übertragen.  

Der Standard von 1978

Die Maske ist für Malinois und Tervueren obligatorisch geworden. Für das Kurzhaar wird nur noch  «falb mit schwarzer Stichelung» (Malinois) zugelassen. Für den Tervueren bestimmt der Standard, dass  «die falbe Farbe mit schwarzer Stichelung die natürlichste ist, deshalb sie zu bevorziehen ist». Mit dieser Formulierung wird im Standard des Tervuerens die Palette der zugelassenen Farben auf Sandgrau mit schwarzer Stichelung («grau» genannt) erweitert, wobei bis damals nur eine warme Falbfarbe (fauve de teinte chaude) anerkannt wurde. Beim Rauhaar bleibt der Standard von 1956 unverändert.  

Der Standard von 1989

Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Standards werden in der Fassung von 1989 bei den Hauptmerkmalen die Hinweise auf einer «Farbskala» gelöscht. Infolgedessen wird beim Rauhaar, obwohl der Text bezüglich seiner spezifischen Merkmale unverändert bleibt, die Varietät auf dem falben Laekenois reduziert. Das sandfarbige Langhaar («grau» genannt) darf nicht mehr mit „vorzüglich“ ausgezeichnet werden und weder C.A.C.,  C.A.C.I.B oder deren Reserven erhalten.  

Standard von 2001 (Standard F.C.I. N° 15 vom 13.03.2001)

Gemäss der Richtlinien der F.C.I. stellt sich die neue Fassung umfassender als die früheren Auflagen vor. Die Beschreibungen sind genauer oder besser detailliert. Der Standard bestätigt den «Minimalkonzept» bei den Farben der vier Varietäten, also  Malinois, Groenendael, Tervueren und Laekenois. Der Tervueren dessen Farbe nicht falb mit schwarzer Stichelung ist oder nicht die gewünschte Farbintensität aufweist, kann nicht als «Elite» (Auslese) betrachtet werden. Was genau mit «Elite» gemeint ist, wird im Standard nicht beschrieben.  

In den untenstehenden Tabelle und Grafik findet man eine statistische Übersicht von den im L.O.S.H. eingetragenen Würfen zwischen 1976 und 2005.  

Betrachtet man aber die Entwicklungstendenzen bei den Geburten zwischen 2001 und 2005, entsteht pro Varietät ein recht anderes Bild als auf der obigen Tabelle.

Bei weitem bleibt der Malinois die Varietät mit der höchsten Anzahl Würfe pro Jahr in den letzten Jahren, Tendenz steigend. Was den Groenendael betrifft, ist er klar rückgängig und muss seinen zweiten Platz dem Tervueren abtreten. Im Vergleich zu den Jahren 1946-1975 schrumpfte  seine Population von 31,1 % auf 15,4 % zusammen. Seit Anfang 1990 verliert der Groenendael an Bedeutung. Was mögen die Gründe dafür sein? Sicher sind Fruchtbarkeitsprobleme erschienen aber ist das der einzige Grund? Nach dem Hoch in den Jahren 70 hat sich die Situation des Tervuerens stabilisiert. Seit Anfang 90 erlebt er jedoch keinen Zuwachs mehr und stellt weiterhin mit durchschnittlich 50 Würfen im Jahr etwa 20 % der vier Varietäten dar.  

Abschliessend möchten wir einige Gedanken, die  Charles Huges 1920 schrieb, erwähnen:    

Genau so wie ich dafür bin, unserer Hütehundrasse den Platz zurückzugeben, welcher diese einheimische Rasse früher gehörte, genau so weigere ich mich, Farben anzunehmen, die, so weit man sich es erinnern kann, nie in diesem Land getroffen wurden. Niemals haben wir einen belgischen Schäfer mit schokoladebrauner Farbe gesehen. Weder mausgraue noch schwarz-loh Farbigen mit bunten Tanmarkierungen wie ein Dobermann oder ein Beauceron. Falb und schwarz mit wenigen weissen Streifen auf der Brust und manchmal bei den Füssen stellen m.E. die Norm für unsere Rasse dar. Jedoch weist die falbe Farbe eine grosse Variabilität sowie eine weite Tönungsskala auf. In dieser Sache dürfen wir nicht stur dies oder jenes ausschliessen, sondern diese Farbe in ihrer Gesamtheit annehmen. Von warmen roten Tönungen, manchmal mit intensiven schwarzen Stichelungen – wie beim Fuchs -, bis zu aufgehellten Cremefarben, das alles kommt heute noch häufig und gar im gleichen Wurf vor.   

 

Edition 2010 - Tous droits de reproduction et de traduction réservés.      

Mit freundlicher Genehmigung von JM Vanbutsele.

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